Mit Spannung wird die erste Kader-Nominierung von Hansi Flick am Freitag erwartet. Der neue Bundestrainer dürfte auf große Überraschungen und Experimente verzichten.
Genug mit Bauhelm posiert, genug auf der Tribüne zugeschaut, genug ins Blaue geredet: Hansi Flick kann nach Wochen der Vorbereitung endlich loslegen und sein Projekt „Neustart“ mit Leben füllen. Am Freitag nominiert der neue Bundestrainer erstmals seinen Kader, der beim anstehenden Dreierpack in der WM-Qualifikationen die Maximal-Ausbeute holen soll. „Neun Punkte – ohne Frage“, forderte Flick.
Die Nationalmannschaft wird unter dem Nachfolger von Joachim Löw kein komplett neues Gesicht bekommen, Flick setzt auf Altbewährtes. Thomas Müller ist sicher dabei, Marco Reus dürfte unter Flick („Für mich einer der besten im letzten Drittel“) zurückkehren. Nicht ganz sicher ist die Berufung des formschwachen Leroy Sané.
Flick, der mit seinem Trainerteam an den ersten beiden Bundesliga-Spieltagen in den Stadien reichlich Information gesammelt hat, betont, „nur die besten Spieler“ nominieren zu wollen – und zu denen zählt Sané aktuell nicht.
Die wirklichen Veränderungen betreffen aber weniger den Kader. Anders als sein Vorgänger trommelt Flick den Großteil der Spieler bereits am Sonntag im Waldhotel Stuttgart zusammen. Der frühere Erfolgstrainer von Bayern München will keine Zeit verlieren, um die Mannschaft emotional und spielerisch auf den „attraktiven, begeisternden und erfolgreichen Fußball“ einzuschwören, der unter seiner Regie fortan zum Markenzeichen werden soll.
Müller: „Gegner wie Herde von Bullen überrumpeln“
Vor allem die von ihm bei jeder Gelegenheit geforderte „All-in-Mentalität“ will der 56-Jährige schon bei seinem Debüt am 2. September gegen Liechtenstein im Schweizer St. Gallen sehen.
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Drei Tage später folgt in Stuttgart gegen Tabellenführer Armenien Flicks Heimpremiere, für die der DFB fast alle Tickets als Freikarten vergab. Zum Abschluss steht das Auswärtsspiel in Island (8. September) an. Große Experimente kann sich Flick nicht leisten, dafür ist der aktuell dritte Platz in der Quali-Gruppe J zu gefährlich. „Da haben wir noch einige Arbeit vor uns“, warnte der Bundestrainer.
Den großen Schritt Richtung Katar 2022 wird Flick ganz sicher mit einem starken Bayern-Block machen wollen. Die Münchner Profis kennen am besten seine Spielidee, die Müller so beschreibt: „Gegner wie eine Herde von Bullen zu überrumpeln.“
Pressing-Monster Müller setzt auch deshalb seine Karriere in der Nationalmannschaft fort – genau wie Ilkay Gündogan, der seine Rücktrittsgedanken nach „positiven Gesprächen mit Hansi“ wieder verwarf. Einzig Rio-Weltmeister Toni Kroos ist aus dem im Achtelfinale gescheiterten EM-Kader definitiv nicht mehr dabei.
Top-Talente hoffen auf ihre Chance im DFB-Team
Trotzdem setzt Flick den von Löw nach dem WM-Debakel eingeleitete Umbruch aus. Zwar will er die beiden 18 Jahre alten Ausnahmetalente Jamal Musiala (FC Bayern) und Florian Wirtz (Leverkusen) verstärkt einbauen, doch Alter allein sei für ihn kein Auswahlkriterium: „Für mich geht es nur darum: Ist einer gut genug für die Nationalmannschaft, und hat er auch Lust und Bock auf die Nationalmannschaft.“
Von den aktuellen U21-Europameistern dürfte Flick vor allem Ridle Baku, Karim Adeyemi und Lukas Nmecha auf dem Zettel haben. Der Verzicht auf die Nominierung des schnellen und neuerdings auch torgefährlichen Außenverteidigers Baku gilt intern wie extern als ein EM-Fehler von Löw.
Der erst 19-jährige Adeyemi von Red Bull Salzburg ist als Riesentalent in der Offensive. Und Nmecha verkörpert als robuster Mittelstürmer einen Spielertypen, den es so im A-Kader nicht gibt.
Vielleicht überrascht Flick aber auch und zaubert einen Spieler aus dem Hut, den vorher keiner auf der Rechnung hatte.
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